Der Alltag
Der Alltag der ist eingeteilt, seit ich vom Parkinson ereilt:
Nach jeder überstandnen Nacht -das hätt ich früher nie gedacht
geht erst mal nichts und auch nichts -weiter, weil er schon da ist-mein Begleiter!
Und gleich ist wieder festgelegt, was selber geht und was gepflegt!
Die Stimmung ist gleich wieder weg, nach diesem ersten Tagesschreck!
Und wenn ich aus dem Fenster schau und's Wetter ist so richtig grau:
Belüg ich mich mit eigner List, dass alles bloß vom Wetter ist!
Um schließlich doch in Gang zu kommen, wird heimlich `ne LD genommen.
Der Tagesplan zeigt wieder an: Nur was ich will-nicht was ich kann!
Hat`mir verdammt viel vorgenommen und bin grad mal aufs Kloo gekommen!
So zieht sich's übern Tag so hin, dass ich im On, im Off Mal bin!
Kino und Theater sind längst aus - wir machen alles selbst zu Haus:
Zu oft schon wollten wir grad fort-da stand ich steif an einem Ort!
Nicht nur bei mir vergeht die Lust, auch bei der Frau steigt dann der Frust!
Auch sie ist endlich voller Groll: Und findet`s ganz und gar nicht toll!
Da kommt viel innere Spannung auf und man reagiert oft falsch darauf:
Zu Leben heißt auch sich bewegen, gemeinsam nach etwas zu streben!
Die Frau lebt noch mit mir im Haus und klagt laut:"ist denn alles aus?!"
Hier kommt die Frage nicht umhin:"Wozu wir Leben?" In den Sinn!
So stellt der Parkinson, manch Tage, die Partnerschaft doch sehr in Frage!
Kein Tag so endet wie er soll- oft hat man echt:Die Schnauze voll!"
Muß täglich erst erneut mich finden und an die Piil`n nein Leben binden!
Und selbst bei gut geführter Ehe-Gibt`s Tage mit viel ach und wehe!
Hochj ist die Marke nun gestellt: Was Dir und mir - und uns gefällt?!
Auch gute Freunde bleiben aus und meiden sichtlich unser Haus !
Das Baden, Schwimmen und das Grillen, das laufen mit und ohne Ski-
man wills verdrängen-und doch vergisst man`s nie!
Die Welt ist klein geworden :Weit und breit -
nur Pilln`bestimn`jetzt unsere Zeit!
Das leben darauf einzustellen , verlangt von uns sich umzustellen!
Dem Partner Zoll ein jeder Ehr- er gibt viel auf und noch viel mehr!
Seit lieb und nett, bemüht Euch Drum!
Es kommt doch niemand Drum herum!
Von einem Parkinson Patienten der Parkinson Selbsthilfe Gruppe von Fr. Cordes 26.2.2000
Der Panther
Sein Blick ist vom Vorübergehn der Stäbe
so müd geworden, dass er nichts mehr hält.
Ihm ist, als ob es tausend Stäbe gäbe
und hinter tausend Stäben keine Welt.
Der weiche Gang, geschmeidig starker Schritte,
der sich im allerkleinsten Kreise dreht,
ist wie ein Tanz von Kraft um eine Mitte,
in der betäubt ein großer Wille steht.
Nur manchmal schiebt der Vorhang der Pupille
sich lautlos auf -. Dann geht ein Bild hinein,
geht durch der Glieder angespannte Stille -
Und hört im Herzen auf zu sein.
Im Jardin des Plantes, Paris R.M.Rilke
Dieses bewegende Rilke Gedicht ist vielen aus dem Film "Zeit des Erwachens" bekannt.
Oliver Sacks, der die Buchvorlage von dem Film schrieb, hat noch viele weitere Geschichten über Phänomene aus dem Kreis der Nervenerkrankungen beschrieben, wie z.B. von dem Mann, der seine Frau mit einem Hut verwechselte oder der Frau, die ein Alien Limb Phänomen entwickelte, ihr eigenes Bein nicht mehr erkannte und es beständig aus dem Bett warf.
In der "Zeit des Erwachens" gelingt es durch einen engagierten Wissenschaftler ein Medikament zu entwickeln, dass Menschen, die wie Zombies in der Anstalt leben, plötzlich zu neuem Leben erwachen lässt. Es ist wie ein Wunder. Es zeigt sich, dass sie, wie bei Rilkes Panther, "hinter den Stäben" alles mitbekommen haben. Die Tragik der authentischen Geschichte folgt zu bald: nach einer Phase der Hoffnung neuen Lebens, schwindet die positive Wirkung und die Patienten fallen zurück in die Erstarrung.