Intimität. Krankheit. Schweigen.

Bei „Schwierigkeiten“ im Schlafzimmer bekommt der Mann eine blaue Pille, der Frau wird ein Gleitgel verpasst. Was für ein barbarisches, rückständiges Bild von Sexualität, denke ich.

Aber worum geht es denn wirklich? Ich habe keine:n Partner:in – und wenn ich ehrlich bin, wüsste ich auch nicht, wem ich das alles zumuten sollte. Einer Person, die ich zu lieben vorgebe? Wohl eher nicht. Beziehung ist Arbeit. Und ich habe nur begrenzt Kraft.

 

Selbsthilfegruppe & das Gefühl von Fremdheit

Als ich frisch diagnostiziert war, besuchte ich eine Selbsthilfegruppe. Dass ich den Altersdurchschnitt erheblich anheben würde, hat mich nicht überrascht. Doch das Bild, das sich mir bot – lauter Pärchen, die sich rührend an der Hand hielten: „Wir stehen das zusammen durch!“ – war auf so vielen Ebenen schräg, dass ich nicht wieder hingegangen bin.

 

Schweigen als gesellschaftlicher Spiegel 

Unverbundenheit und die Erkenntnis, dass ich in diesem Kreis nicht gemeint war, wollte ich nicht erleben. Vor allem aber gab es keinen Raum – weder die Betroffenen konnten hier offen miteinander reden, noch deren Partner:innen.

Und so schweigen wir weiter. Und das ist ein gesellschaftlicher Spiegel: Wie reden wir über Erkrankungen? Wie unterschiedlich sind unsere Lebensrealitäten? Wie oft wird in solchen Gruppen die Sprache der einen zur Stille der anderen?

Wir bräuchten Gruppen,

  • wo Partner:innen offen sprechen können – ohne Schuldgefühle
  • wo Wut, Trauer, Überforderung genauso Raum bekommt wie Zuneigung
  • wo Tabus wie Sexualität, Ekel, Rückzug nicht verschwiegen, sondern verstanden werden, ehrlich, schmerzhaft, vielleicht auch mal laut. Aber genau das braucht es.

Metamorphose

„Parkinson verändert nicht nur den Körper – es verändert Beziehungen, Berührbarkeit, Kommunikation.“

Wir erleben nicht einfach Symptome – wir erleben eine Metamorphose. Und sie ist nicht nur körperlich, sondern auch zutiefst sozial.

Wenn die Mimik nachlässt … wenn das Gesicht nicht mehr wie gewohnt reagiert oder strahlt … verändert sich die Kommunikation – unsichtbar und unbemerkt, aber mit großer Wirkung.

Menschen lesen unsere Reaktionen nicht mehr richtig. Ein neutrales Gesicht wird als Ablehnung gedeutet, ein fehlendes Lächeln als Kälte. Und so entstehen Missverständnisse – in der Bäckerei, im Bus, im Gespräch, in Partnerschaften.

Die eigene Stimme verändert sich. Das Reaktionsverhalten verschiebt sich. Die sozialen Codes funktionieren nicht mehr wie früher.

Und trotzdem: Es ist immer noch unsere Stimme, unser Wesen – nur in anderer Form. Vielleicht braucht es mehr „Hinsehen mit dem Herzen“, wo das Gesicht nicht mehr alles sagen kann.

 

„Es gibt Momente von Teilnahmslosigkeit – und wir können nichts dafür

Es ist schwer zu erklären … aber es gibt Momente von Teilnahmslosigkeit. Und wir können nichts dafür.

Weil es nicht aus Desinteresse kommt – sondern aus Erschöpfung, aus neurophysiologischer Realität.

Parkinson verändert nicht nur unseren Ausdruck, sondern auch unsere Resonanzfähigkeit. Es gibt Tage, da ist man mittendrin im Leben – und doch wirkt alles wie durch eine Scheibe.

Man hört die Geschichte eines Freundes, sieht die Tränen eines Gegenübers und spürt: „Ich komme da gerade nicht hin.“

Und das ist kein Mangel an Empathie – es ist der Körper, der abgedämpft hat. Die Seele bleibt wach, aber die Leitung rauscht.

Die steinerne Metapher

Unsere Metamorphose erinnert mich an die Bücher Reckless von Cornelia Funke, in der einer der Protagonisten versteinert.

Diese Verwandlung – langsam, unumkehrbar, sichtbar und trotzdem unsichtbar – trägt so viel Symbolik. Man denkt: Genau das passiert mit mir. Und niemand sieht, wie sehr ich mich verändere.

 

Sie sehen dich, wie du früher warst.. und du willst das aufrechterhalten, aber es klappt nicht..

 Sie begegnen dir mit Erinnerungen – mit dem Bild, das sie von dir hatten. Und du versuchst, es festzuhalten. Du kämpfst, du balancierst, du schiebst dich in diese Form zurück – ein bisschen wie Jacob, bei „Recless“, der in den Spiegel geht und hofft, etwas zurückholen zu können.

Der stille Bruch

🔹 Du bist noch da – aber nicht mehr so wie früher. 🔹 Sie reden mit deinem Schatten – und du merkst, wie weit du davon entfernt bist. 🔹 Je mehr du versuchst, das Bild aufrechtzuerhalten, desto schmerzhafter wird es.

Vielleicht ist das der eigentliche Verlust: die fehlende Übereinstimmung zwischen Innen und Außen.

Ich frage mich: Bin ich das noch? Oder bin ich nur Erinnerung in anderen Menschen?

 

Ich fühle mich nicht mehr – immer mehr.

Ich weiß noch, wie ich war. Und manchmal blitzt dieser Mensch in mir auf – ein Satz, eine Bewegung, ein Lächeln, das mir vertraut ist. Aber er ist manchmal nur noch ein Echo. Ein Entwurf von früher. Kein vollständiges Ich.

Ja, ich bin dankbar. Für das, was geht. Für das, was bleibt. Aber ich spüre auch das Verschwinden – nicht laut, nicht abrupt, sondern leise. Wie wenn man in einem Raum steht, in dem langsam das Licht gedimmt wird.

Zuerst habe ich noch gekämpft, für mehr Möglichkeiten, soziale Teilhabe… Doch irgendwann …ein leises Loslassen. Stück für Stück – als würde das Interesse einfach mit den Möglichkeiten schwinden. Wie lebt das Umfeldt  damit, was du jetzt bist? Und was… bist du jetzt?

 

 

Berührung, die früher Geborgenheit bedeutete, kann jetzt unangenehm sein.

Alleine die Situation, wenn ich auf der Straße Freunde treffe. Anstatt einem herzlichen Impuls zu folgen, ist meine Konzentration darauf ausgerichtet, nicht das Gleichgewicht zu verlieren.

Das Bedürfnis, sicher zu stehen, wird größer als der Impuls, den Menschen zu umarmen. Nicht weil die Liebe kleiner wird – sondern weil die Angst vorm Fallen lauter spricht als der Wunsch nach Nähe.

Es geht nicht mehr um den Impuls. Es geht um die Rechnung, die der Körper aufmacht, bevor das Herz überhaupt sprechen darf.

Und so wird jede Berührung ein Moment der Entscheidung. Ein Abwägen. Ein Verzicht, obwohl der Wunsch bleibt. Nicht aus Kälte. Sondern aus dem Willen, mich zu halten.

 

Wenn Nähe sich verändert …

Berührung wird manchmal auf einmal unangenehm. 🔸 Manchmal wird sie zum Reiz, der zu viel ist. 🔸 Manchmal schmerzt sie – auf der Haut, aber auch in der Erinnerung. 🔸 Und manchmal fühlt sie sich fremd an, obwohl sie von vertrauten Menschen kommt.

Früher war Berührung eine Brücke. Jetzt ist sie manchmal ein Nebel, der sich nicht mehr greifen lässt. Der Körper zieht sich zurück, nicht aus Ablehnung, sondern weil er überfordert ist. Man will sagen „Bitte nicht“, aber man sagt es nicht laut. Denn wie erklärt man, dass Nähe plötzlich Schmerz bedeutet?

 

„Manchmal ist der Körper laut und die Welt stumm – dann braucht es jemanden, der die Sprache dazwischen spricht.“

 

Parkinson riecht nicht gut. Die Medikamente, die oft starke Speichelproduktion, Blähungen, Hexenhaare … und morgens? Sitzen wir weinend auf der Toilette, nachdem wir viel zu früh, schweißgebadet aufgewacht sind. So etwas wird irgendwann Alltag.

Für uns Patient:innen verändert sich alles. Der ganze Körper, die Wahrnehmung. Dafür wäre Körperarbeit sinnvoll. Begleitung. Eine Möglichkeit, sich unter neuen Bedingungen neu zu definieren.

 

Ich bin ehrlich gesagt erschüttert, wie rückständig wir beim Thema Behinderung und Sexualität sind. Im Bereich Körperarbeit habe ich Offenheit erwartet – und bin stattdessen oft auf Überforderung und teils offene Ablehnung gestoßen.

Eine Behandler:in müsste in der Lage sein, Frust, Verzweiflung und Angst einzuordnen – dafür braucht es Haltung, Erfahrung und Menschlichkeit.

Eine Mitarbeiterin aus dem Team der Trauma-Therapeutin Dami Charf erzählte mir von sexuellen Assistenzen. Ich– dachte: Wow, das ist fortschrittlich! Ich recherchierte. Und stieß auf Gesundheitspraktiker:innen.

Wenige bieten so etwas an, und meist kosten solche tantrisch geprägten Sitzungen ab 200 €. Wer kann das zahlen?

Außerdem: Viele Übungen – etwa aus dem tantrischen Bereich – sind für Menschen mit körperlichen Einschränkungen gar nicht durchführbar. Wie führt man eine Beckenschaukel aus? Welche Hilfsmittel braucht es? Was, wenn man kaum noch etwas spürt – weder den eigenen Körper noch den eines anderen Menschen?

Wie redet man über so etwas? Sicher nicht mit: „Wirf 'ne Pille ein und deck das Thema zu.“

 

Finde die göttliche Kraft in Dir 

Ich bin dankbar für all die Frauen, die eine liebevolle, heilsame Sprache für den weiblichen Körper gefunden haben – die auch vermitteln : Auch mit Einschränkungen, auch wenn man wenig spürt, ist da eine weibliche, göttliche Seele.

Und diesen Zugang zu finden und seinen Weg damit … darum geht es... 🤍

 

 

 

„Die Arbeit von Sonja Ziemann berührt mich tief – ihr individuelles Bild der eigenen Göttin erinnert mich immer wieder daran, wer ich bin.“

Empfehlung 

"Gefühlt-gefühlt..!" 

Gesundheitspraktiker:Innen: Wenn ihr jemanden sucht, der wirklich achtsam ist und sensibel erspürt worum es geht, dann seid ihr bei Karla Ostendorf goldrichtig!
Es gibt Begegnungen, da wird man gesehen. Und es gibt Begegnungen, da wird man gefühlt. Karla spürt nicht nur, sie versteht den stillen Raum zwischen den Worten. Zum ersten Mal habe ich erlebt, was es heißt, gleichzeitig gehalten zu sein und vollkommen da – als wäre mein Inneres nicht fremd, sondern willkommen. So fühlt sich Vertrauen an, wenn es einen Körper bekommt.