Die äußere Situation – Leben mit Parkinson
Der Bruch mit der Berufswelt
Urplötzlich war ich raus. Aus dem Hamsterrad, aus einer Welt, die über Arbeit definiert war – meiner Arbeit, die ich gerne gemacht habe. Von einem Moment zum anderen gehörte ich nicht mehr dazu.
Doch ich musste meine Existenz sichern. Im Krankenhaus wandte ich mich direkt an die soziale Beratung. Die zuständige Frau kam, sprach über sich – und hörte damit nicht auf. Ich wusste nicht einmal, wie viel Zeit ich hatte, um meine Fragen loszuwerden. Als ich sie schließlich unterbrach, war sie merklich gekränkt. „Das war doch nur ein warming-up“, sagte sie.
Ich war fassungslos.
Unverständnis und Ratlosigkeit
Sie unterhielt sich einfach weiter – auch mit meiner Bettnachbarin. Ich las schließlich meine notierten Fragen vor. Doch sie kannte sich kaum aus. Stattdessen drängte sie mich, weiter als Erzieherin zu arbeiten. Ich erklärte, dass ich im Kinderschutz tätig bin – mit Kleinkindern. Ich versuchte ihr klarzumachen, wie gefährlich das mit Parkinson ist: Wenn plötzlich Muskeln versagen, wenn ich ein Baby plötzlich nicht halten kann und wie Nacht- und Schichtdienste das Nervensystem schädigen. Aber nichts drang zu ihr durch. Offenbar hatte sie keinerlei Ahnung von der Erkrankung – und es stellte sich heraus, dass sie neu war und früher beim Arbeisamt tätig.
Der erste Antrag – ein Desaster
Meine Neurologin wies mich auf das Versorgungsamt hin. Ich beantragte den Schwerbehindertenausweis – für Asthma, PTBS, Depression und Morbus Parkinson, alles dokumentiert. Ergebnis: Ein GdB von 30 – das entspricht etwa Schluckauf.
Hilfe durch das Sozialrecht
Erst mit Hilfe einer Sozialrechtsanwältin erhielt ich den nötigen GdB von 50, um in Rente zu gehen.
Ein Formfehler im ersten Antrag verhinderte ein Merkzeichen – wichtig für die Fahrkarte. Ich beantragte es erneut. Es wurde abgelehnt. Begründung: Ich könne doch zu Fuß gehen. Das war zynisch. Meine Ärztin hatte attestiert, dass ich keine 200 m schaffe.
Sozialverband und rechtlicher Kampf um das Merkzeichen G
Mit Hilfe des Sozialverbands gelang es, nach einem weiteren Jahr, einen GdB von 60 und das Merkzeichen G zu bekommen. Doch der Prozess drohte zu kippen: Mein Hausarzt gab an, ich würde vierteljährlich erscheinen – obwohl ich seit Sommer 2021 nicht dort war. Er hätte sagen müssen, dass er keine Einschätzung geben kann. Dadurch zweifelte sogar der Sozialverband fast schon an mir – eine psychische Katastrophe. Das Versorgungsamt ignorierte die Unterlagen meiner Fachärztin. Erst das Sozialgericht hörte zu – und entschied unbefristet: GdB 60 mit Merkzeichen G.
Parkinson mit GdB 60? Ich habe mich umgehört: Je nach Versorgungsamt gibt es für dieselbe Diagnose alles von 20 bis 90.
Mit dem GdB 50 ging ich in Berentung – unvermeidbar. Ich erhielt eine Erwerbsminderungsrente und war froh über meine private Berufsunfähigkeitsversicherung, die fast die Hälfte meines Einkommens abdeckte.
Die Berufsunfähigkeitsversicherung – und das Kleingedruckte
2024 kam ein Schreiben: Glückwunsch zu 24 € Rückzahlung. Ich verstand nicht, warum – bis klar wurde: Die Versicherung läuft aus. Das „Kleingedruckte“ schloss aus, wofür ich sie abgeschlossen hatte – sie zahlt nicht bis zum Renteneintritt, sondern maximal 30 Jahre. Die Versorgungslücke trifft dann, wenn man die Hilfe am dringendsten bräuchte.
Um Wohngeld zu beantragen, musste ich mir diese Sachlage erst schriftlich bestätigen lassen. Ich darf bis zu 2,5 Stunden am Tag arbeiten – aber ich weiß nie, wann und ob ich diese Stunden überhaupt leisten kann. Kunst wäre eine Möglichkeit, aber sie verursacht eher Kosten als Einnahmen.
Wohngeldantrag und neue Hürden
Für den Wohngeldantrag hätte ich beinahe einen dritten Sozialgerichtsprozess führen müssen. So viel zum Thema Stressreduktion bei Parkinson.
Was mich zusätzlich belastet: Die Außenwirkung. Parkinson verläuft nicht linear. Die Medikamente verursachen kognitive Einschränkungen. Ich bin oft überfordert, begreife Fragen nicht – und dann reagieren Menschen verärgert, weil ich „durcheinander“ bin.
Pflegegrad und eingeschränkte Hilfe
Bei der Pflegegrad-Gutachterin sagte ich, dass ich punktuelle Hilfe brauche: Saubermachen geht – aber Verträge und Behörden überfordern mich. Ich erhielt Pflegegrad 1 – mit 125 € Entlastungsbeitrag im Monat. Ich bekam eine Liste mit 50 Alltagshelfer-Adressen. 7 blieben übrig – der Rest war unvollständig oder doppelt. Fast alle waren ausgebucht. Eine Helferin war verfügbar, postete aber täglich christliche Botschaften.
Sanitäshaus lässt warten...
Ich habe mühsam ein gebrauchtes E-Mobil gekauft – die Lebensqualität war so stark gesunken, dass es meine Depressionen verstärkte. Die Krankenkasse zahlt keine Fahrten – außer bei Einweisungen. Ein Sanitätshaus bot Hilfe bei Wartung und Reparatur an. Nun ist etwas defekt. Wochenlang wartete ich. Dann hieß es: keine Ersatzteile verfügbar. Das stimmt nicht – man ließ mich einfach stehen.
Taxischeine gibt es ab GdB 70 – ich habe aber nicht die Kraft für noch einen Sozialrechtsprozess.
Hin und her gereicht
Ich warte seit Monaten auf einen Reha-Platz. Die Einrichtung sagte: „Wir können erst helfen, wenn die KK das Formular einreicht.“ Die KK sagte: „Wir reichen das Formular ein, sobald die Klinik einen Platz anbietet.“
Ich erklärte : „Ich bin nicht der Hauptmann von Köpenick.“
Die KK behauptete, es gäbe bundesweit in 6–12 Monaten keine freien Plätze. Dann hieß es plötzlich: Doch, Rehas finden statt. Kulant bot man mir drei Kliniken an – ich akzeptierte einen der Vorschläge . Danach fragte man, welche Klinik ich meinte - an dem Ort gäbe es mehrere. Ich antwortete: Die, die Sie mir doch vorgeschlagen haben – ich kenne keine andere.
Seitdem: Funkstille
Alltagshelfer gesucht
Ich fragte meine Nachbarin – sie ist Altenpflegerin –, ob sie als Alltagshelferin infrage käme. Ich erkundigte mich mehrfach nach den Voraussetzungen. Der zuständige Mitarbeiter ist jedes Mal „nicht da“. Seit Monaten gelingt es mir nicht, Informationen zu erhalten – weder zur Anstellung der Nachbarin noch zu anderen Helfern.
Mir wurde geraten, zum Pflegestützpunkt zu gehen. Online kann man sich anmelden – doch für meine Frage fand ich keinen passenden Kategoriepunkt.
Ich bin sooo müde....